Eine Reise machen
- Antje Rother
- 25. Jan. 2021
- 3 Min. Lesezeit
Das hatte ich mir für 2020 vorgenommen, ich wollte die Perspektive ändern, mich spiegeln und reflektieren, neue Leute kennen lernen, mich verbinden. Zu diesem Zwecke wünschte ich mir ein Wohnmobil (vom Universum) und da kam die Gelegenheit: ich arbeitete künstlerisch für einen Freund und schlug ihm vor, mir als Ausgleich ein Wohnmobil zu suchen und zu finanzieren. Er hatte gleich eine Idee und nach kurzer Zeit stand ich auf einem Hof, auf dem eine alte betagte Dame von Wohnmobil abgestellt war. Ein leises Lachen kroch durch meinen Körper, da ich schon tausend Mal an diesem Grundstück vorbei gefahren war und immer wieder dieses Mobil gesehen hatte und dachte, das ist es. Ich verbrachte den Tag mit tollen Leuten und wir waren uns einig. Das WoMo bekam den TÜV und ich stellte es auf das Grundstück meiner Eltern, um den Innenbereich für mich und meine Kinder auszubauen und gemütlich zu machen. Wir tauften das Mobil Tilda, die Rennschnecke. Das war der romantische Teil der Geschichte. Dann kam ein Hagel, das Mobil lief voll Wasser und die Realität traf mich bitter. Es wurde klar, hier war mehr zu tun als eine Glitzerborte anzupinnen. Mein Plan fing an zu bröseln. Nach ein paar Tagen fieser Flucherei beschloss ich, mit meinem Auto die Reise anzutreten. Ich verabredete mit drei lieben Leuten die Übernachtung und versöhnte mich mit der Wendung. Und da riss mein Auto die Hufe hoch, eine Woche vor Antritt der Reise. Verfi*** Schei*** .... Die volle Energie eines Bocks durchströmte mich, ich war so sauer, eine tiefe Falte spaltete meine Stirn, so NICHT! Mein Papa brachte die Rettung, er fand ein Auto im Internet, wir fuhren spontan 600 Kilometer und kauften einen alten Wagen auf der Straße von einer amüsanten Familie, mit der wir uns kaum verständigen konnten. Einen Tag vor Abreise war der Wagen zugelassen und die Reise konnte beginnen. Was für eine Reise! Die erste Station waren Freunde, die ich über den Gaukler kennengelernt hatte und die mit dem selben freundschaftlich verbunden sind. Was große Vorfreude war schlug bei Ankunft in Unbehagen um, ich fühlte mich plötzlich nicht mehr wohl in meiner Haut, die grässlich zu jucken anfing und die ich in kürzester Zeit wieder aufgerissen hatte. Ich tigerte von einem Platz zum anderen, Gespräche fielen mir schwer. Nach zwei Tagen erkannte ich die Unsicherheit. Das Gefühl kenne ich schon, diesmal war es aber sooo mächtig. Unsicher war hier meine Rolle: denn wenn ich nicht mehr die nette, fleißige Frau von (), die kreative und tapfere Frau von (), die aufopfernde Mutter seiner Kinder, die hübsche Geliebte bin, wer bin ich dann? Die Frauen in meinem Kreis könnten diese Frage ganz sicher beantworten, sie hätten wunderbare Begriffe wie einen Blumenstrauß für mich bereit, aber ich? Was wusste ich zu sagen? Dieses große schwarze Nichts konnte ich noch nicht befüllen. Wie sollte ich mich finden? Da liegt noch viel Arbeit vor mir, dieser Besuch stellte die Aufgabe. Nach dieser Erkenntnis wurde es ruhig, wir verbrachten wundervolle Tage und Abende, hörten Musik und spannen die Welt des Gauklers als Scheibe, wir lachten und lachten ... ich fühlte mich angenommen und geborgen, es war gut.
Die zweite Station: Eine Frau, die auf wundervolle Art meine Arbeit achtet und mir immer Raum gibt für Alles, was ist. Die alte Verbitterte in mir sagte, meine Arbeit bringe diesen Umgang mit sich, mein Selbst sei definitiv nicht liebenswert - Aber ich hatte so meine Zweifel, was ist, wenn ich ziemlich OK bin? Und sie mir jeden Raum gibt, weil dass ihre Art ist mit Menschen umzugehen UND faktisch sie mich für einen liebenswerten hält ...
Dritte Station: Ich folgte der Einladung einer Frau, die ich eigentlich nicht kannte, wir hatten nur eine flüchtige Begegnung, die aber ihr Wesen zeigte. Es gab ein Gespräch zwischen uns, die Worte kann ich nicht wiedergeben, aber ich fühlte Mitgefühl, Wärme, Stärkung und Weisheit. Ich schrieb irgendwann einen Brief, Gespräche und Austausch entstanden und wieder die wohltuenden Gefühle ... Sie empfang uns mit offenen Armen, sie sah mich an, sie ertastete und fühlte, was mich bewegte, was ich dachte. Nicht weich und warm, mitfühlend wie eine Mutter, sondern klar, ehrlich mit Akzeptanz. Wir führten wundervolle Gespräche. Ich sah das Leben, das eine Frau in völliger Selbständigkeit führen kann. Das man ein eigenes Reich haben und gestalten kann, soviel Stoff, den ich noch sortieren muss. Und eine weise Frau, die auch in Schwächen gefangen sein kann ... so wohltuend.
Der erste Text, den ich nicht eine Nacht überdenke.....
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